
Auch einer erfahrenen Dolmetscherin schaden Weiterbildungen nicht, insbesondere solche von Kollegen für Kollegen. Eine solche Weiterbildung ist der Cambridge Conference Interpreting Course, bei dem Kolleg:innen aus internationalen Organisationen wie z.B. der UNO, NATO oder dem Europäischen Gerichtshof kollegiales und faires Feedback zur eigenen Dolmetschleistung geben.
Diese Weiterbildung im Jahr 2019 war ein besonderes Erlebnis für mich. In zwei Wochen absolvierten wir 100 Stunden Weiterbildung in Simultan-, Konsekutiv- und Begleitdolmetschen, immer unter den kritischen, aber fairen Augen unserer Tutoren. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass man bereits viel Erfahrung in der Dolmetschkabine und beim Konsekutivdolmetschen gesammelt hat.
Zu den Kursinhalten gehörte ein intensives, über mehrere Stunden am Tag laufendes Training in der Simultankabine, zwei Konferenzen, die unter echten Bedingungen abliefen, Konsekutivtraining und eine Übung im Begleitdolmetschen im Rahmen einer echten Stadtführung, bei denen unsere Tutoren in die Rolle von VIPs schlüpften, mit denen wir entsprechend umgehen sollten. Mit jedem Tag wurde das Niveau und damit der Stresslevel ein wenig angehoben, damit wir auch Erfahrung in Situationen sammeln konnten, die als Dolmetscher nicht leicht zu verarbeiten sind, wie z.B. das Dolmetschen von sehr belastenden Inhalten wie persönliche Kriegserlebnisse.
Das neben dem Dolmetschen zu leistende Pensum an Vorbereitung war sehr hoch, so dass man auch bei der Vorbereitung als Team zusammen arbeiten musste - ganz so wie im "echten" Berufsleben auch.
Wenn die Zeit es zuließ, konnten wir die wunderschöne Stadt erkunden, in verschiedenen Kirchen dem Evensong lauschen oder im Garten eines der University Colleges ein Theaterstück von Shakespeare miterleben, weil gleichzeitig das Shakespeare-Festival stattfand.
Diese zwei prall gefüllten Wochen haben mich mit einem ganzen Werkzeugkoffer an Techniken ausgestattet, mit denen ich meine Leistung kontrollieren und immer weiter verbessern kann. In Erinnerung bleiben mir vor allem die Begegnungen mit den Kolleg:innen, die tolle Gemeinschaft, üppige Rosenstöcke vor alten Gemäuern und Shakespeare-Englisch.